Vieles spielt sich derzeit in Zoom-Konferenzen und über Online-Tools ab. Aber der Arbeitsplatz ist nicht virtuell, sondern haptisch, anfassbar, benutzbar. Einige Mitarbeiter sitzen im Büro, andere im Homeoffice oder sind mobil unterwegs. Was aber sind konkrete Lösungen, um virtuelle und reale Räume zusammenzubringen? Was ist da eigentlich alles möglich? Die Lösungen kann man rein situativ denken, aber auch haptisch über die Gestaltung der Umgebung, auch wenn man unterwegs ist oder im Homeoffice die Küche nutzt.
Videokonferenz-Hintergründe
Auch unter den eingereichten Entwürfen zum VARIO Design Competition, den wir im März 2020 ausgelobt haben, beschäftigen sich Entwürfe mit genau diesem Thema. Maren Englisch, künstlerische Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Innenarchitektur an der Burg Giebichenstein in Halle reichte zwei Entwürfe ein: Green Screen, einen mobilen Green Screen für Videokonferenzen im Büro, und Perfect Silhouette, einen umschnallbaren und faltbaren Screen, der in Videokonferenzen alles Störende und Ablenkende ausblendet und beim VARIO Design Competition mit einem Sonderpreis ausgezeichnet wurde.
Mehr von der Innen-Architektin darüber, wie man die Verbindung von virtuellen und realen Räumen bei der Arbeitsplatzgestaltung neu denken muss:
"Die Idee entstand natürlich, weil auch ich plötzlich von zu zuhause aus arbeiten musste. Ich bin zur Zeit künstlerische Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Innenarchitektur an der Burg Giebichenstein. An Kunsthochschulen nur digital zu arbeiten ist äußerst schwierig. Das kann man mal machen, aber gerade bei Entwurfs-Projekten, in denen es ums Ausprobieren, Entwickeln und den Austausch untereinander geht, ist das eine extreme Umstellung gewesen. Wir haben uns an digitalen Tools bedient, um die Projekte zu strukturieren, Informationen zu bündeln und Konsultationen als Videokonferenzen durchzuführen. Somit fand das Wohnen und Arbeiten auf einmal in einem einzigen Raum statt, sollte aber relativ normal weiterlaufen. Das war der Ausgangspunkt, um über Arbeitssituationen allgemein anders nachzudenken.
Wie kann ich mir zuhause auch ohne eigenes Arbeitszimmer einen Arbeitsplatz schaffen? Oder zumindest einen ruhigen Ort für digitale Meetings, der mir jederzeit und an jedem Ort eine Hülle und ein professionelles Setting verschafft, das meinem Gegenüber verbirgt, wo ich mich gerade befinde. Aus diesen Gedanken entstand mein Entwurf. Dabei ist neben der Erscheinung für Andere ebenfalls die eigene Wahrnehmung wichtig. Konzepte realer Räume für die virtuelle Welt können meiner Meinung nach für eine höhere Konzentration sorgen. Von mir stammt auch die Ideen-Skizze des Green Screens, den man sich im Büro hin- und herschieben kann, um zum Beispiel im Open Space auszublenden, was stört. Auch digitale Hintergründe oder eingeblendete Foto-Hintergründe funktionieren in Tools für Videokonferenzen nicht gut, wenn im Raum Bewegung stattfindet – ein Green Screen schafft einen ruhigen Hintergrund.
In der Büro-Gestaltung ist das Verschmelzen von realen und digitalen Räumen gestalterisch eine neue Herausforderung. Die große Chance ist dabei, dass Teams agiler arbeiten können, Treffen spontan organisiert sein können und der konstruktive Informationsaustausch aus der Ferne einfacher zu realisieren ist. Dafür eigene Räume oder Zwischenräume zu kreieren und auf die aktuellen Entwicklungen zu reagieren wird immer wichtiger.“
Tragbarer Arbeitsplatz
Die virtuellen Räume gilt es zum ersten Mal zu gestalten. Aber auch die realen verwandeln sich, wenn sich die Arbeitsorte außerhalb des Büros verlegen. Der Wunsch nach einer vertrauten, gewohnten und abgegrenzten Umgebung bleibt. Trotz und gerade wegen der vielen Arbeit online braucht es eigene, gestaltete Arbeitsbereiche, die alle nötigen Funktionen vereinen. "T+fünf" hat Jana Bald ihren Entwurf genannt. Mehr von der Innen-Architektin und Studentin im Mainzer Masterstudiengang "Kommunikation im Raum":
"Seit Corona ist klar, dass es außerhalb des festen Arbeitsplatz sehr viele unterschiedliche Möglichkeiten zum Arbeiten gibt. Aber auch ein mobiler Arbeitsplatz braucht Ausstattung. Einfach nur seinen Laptop aufklappen und einloggen, egal, wo man sich gerade befindet, funktioniert auf Dauer nicht. Das Virtuelle wird wichtiger, wir werden immer mobiler arbeiten, aber der Arbeitsplatz bleibt etwas Haptisches. Virtuelles und reales Arbeiten zu verbinden, bedeutet trotzdem einen 'Arbeitsplatz' dabei zu haben, eine gewohnte zuverlässige Arbeitsumgebung mit ihren Routinen und notwendigen Arbeitsgeräten.
Für meinen Entwurf T+fünf habe ich durch Gespräche und Analysen herausgefunden, was für einen Arbeitsplatz wirklich als notwendig empfunden wird. Gestalterisch habe ich an ein Tablett gedacht - mit einer tragbaren Tischplatte lässt es sich auch assoziieren - das mit fünf essentiellen Funktionen ausgestattet ist: Stromversorgung, Licht, ein Getränkehalter, damit nichts Flüssiges umkippt zum Schutz des Laptops, ein Snackfach und Platz für Stift und Zettel. Also alles Nötige, was man zum Arbeiten braucht, lässt sich zusammenpacken, man kann losspazieren und mobil arbeiten. So lässt sich auch Flexibilität, Vertrautheit und Abwechslung in den Arbeitsalltag bringen. Genau diese Aspekte habe ich versucht unterzubringen und das Tablett gleichzeitig so minimal und funktional wie möglich zu gestalten, dass es seine Funktionen erfüllen kann.
Die Arbeitsgeräte werden immer mobiler und kleiner. Der Arbeitsplatz aber war bis vor kurzem sehr physisch und sehr statisch. Es ist wichtig, die Ausstattung an die Arbeitsgeräte anzupassen und flexibler und mobiler zu gestalten so wie die Geräte und Utensilien immer minimaler und funktionaler werden.“
Die Ausschreibung des VARIO Design Competition "Inspired by space", die Idee 2020 und die Jury