Statement/Interview

Interview Simone Kaempf Fotos Lilija Schick, Martin Patze

"Positive Zukunfts-Perspektive"

Lilija Schick ist Preisträgerin unseres diesjährigen Design Competition. Ihr Entwurf Libra gewann den ersten von insgesamt sieben Preisen. "Schicks Konzept erlaubt Individualität, Kommunikation, verschiedene Arbeits-Szenarien, persönliche Fokussierung, Teamwork", so die Jury-Begründung. Wir sprachen mit Schick, die gerade ihr Innenarchitektur-Studium mit dem Bachelor abgeschlossen hat, über ihren Entwurf. 

Bei der Preisverleihung hat die Jury Ihren Entwurf als materialgewordenes Manifest eines veränderten Arbeitsbegriffs gewürdigt und als Signature Item wie Zukunfts-Vision bezeichnet. Wie beschreiben Sie selber Ihren Entwurf, der beim VARIO Design Competition "Arbeiten 2025!" den ersten Preis gewann?
Lilija Schick: Ich arbeite sehr konzeptbezogen. Bis ein Modell entsteht, beschäftige ich mich in einem langen Prozess mit der Aufgabenstellung, das vorweg gesagt. Jeder sieht am Ende die schönen Darstellungen und Renderings, aber der Weg dorthin ist lang. Auch für Libra habe ich mir sehr viel Zeit genommen, um Inhaltliches zu formulieren. Libra vereint sehr viele gegensätzliche Inhalte: offen und geschlossen, ausspannen und nachdenken, nachhaltig und unkonventionell, Emotionales und Funktionalität. Für mich ist Libra Vieles, und der Entwurf beinhaltet viele Details, die man auf den ersten Blick sicher auch gar nicht so erkennen kann.

 

Wenn man mehrere Libra-Module aneinanderreiht, entsteht eine Art Tunnel, der fast futuristisch wirkt.
Ja, das war so gewollt. In Open Space steckt auch das Wort Space für Raum. Man kann es aber auch mit Weltraum übersetzen. Wenn man die Module aneinandergereiht sind, verstärkt und unterstützt das den Charakter. Die eigentliche Form von Libra habe ich nach dem Sternzeichen abgeleitet, das aus dem Lateinischen kommt und Waage oder Geichgewicht bedeutet.

 

In der Jury-Rede sagte Nicolai Neubert auch einmal kurz, dass der Entwurf geheimnisvoll wirke.
Ich habe lange mit der Form experimentiert, und als ich die Formen aneinander gereiht habe, wirkte es auch auf mich fast wie in einem Raumschiff.

 

Die Sitzhaltung ist halb liegend, fast kauernd. Welche Arbeitshaltungen sind noch möglich?
Im Libra kann man sich halb hinsetzen oder auch hinlegen. Draußen auf der Rampe kann man sich hinsetzen oder anlehnen, dort spontan andere Menschen treffen. Die Möglichkeiten sind sehr individuell, das Modul soll alle Arbeitshaltungen und -situationen ermöglichen.

 

Von der klassischen Arbeits-Situation am Schreibtisch bewegt sich Ihr Entwurf weg, wie auch viele der zum Design Competition eingereichten Entwürfe. Wie wird sich Arbeit verändern, was denken Sie?
Die Menschen müssen sich zukünftig nicht mehr an die Arbeitsbedingungen anpassen, sondern die Arbeitsbedingungen passen sich an, zumindest körperlich und ergonomisch. Ich arbeite selber schon länger gerne abwechselnd im Sitzen, mal im Stehen, manchmal möchte ich einfach die Position wechseln, auch um besser in der Arbeit voranzukommen. Immer nur zu sitzen oder zu stehen stört den Arbeitsfluss. Für mich ist das einfach das Umkehren der Anpassung. Natürlich ist das in Standard-Büro-Umgebungen schwieriger umzusetzen, aber ich hatte schon Unternehmen in Kopf, die gestalterisch anders mit Räumen umgehen.

(Foto: Lilija Schick bei der Preisverleihung am Bauhaus Dessau)

Wie haben Sie sich bisher mit neuen Arbeitswelten beschäftigt?
Das Studium ist thematisch sehr breit aufgestellt, aber ein Seminar beschäftigte sich mit Open Spaces und der Zukunft der Arbeit. Ich hatte Glück, mich beteiligen zu können. Wir haben verschiedene Unternehmen besucht, zum Beispiel airbnb in Dublin, und wir waren bei google. Betritt man dieses Gebäude herrscht von Anfang an ein anderer Umgang mit Räumen, eine andere Atmosphäre, die auch suggeriert, dass die Räume dort mehr bedeuten als nur Arbeit.

 

Worauf haben Sie sich im Innenarchitektur-Studium spezialisiert?
Ich habe mich tatsächlich mehr mit einem anderen Bereich beschäftigt, der szenografischer ist, mit Ausstellungsdesign und -gestaltung. Den Bachelor habe ich im Sommer abgeschlossen und will auch demnächst mit dem Master weitermachen, im Moment arbeite ich aber noch an einigen guten Freelancer-Aufträgen.


Eine der Wettbewerbs-Auflagen war, dass der Entwurf zu 80 Prozent aus Spanplatte sein muss. Beim Material ist Nachhaltigkeit grundsätzlich wichtig geworden. Wie gehen Sie damit um?
Nachhaltigkeit ist wichtig, auch wenn es nicht immer möglich ist, dies bis ins Detail umsetzen. 80 Prozent Spanplatte ist eine klare Ansage, auch eine an Nachhaltigkeit. Ich habe versucht, beim Konzept, auch das Innenkonstrukt, die Innenwände und Polsterung in nachhaltigem Material zu planen. Bei dem Modell, das VARIO im Maßstab 1:5 gebaut hat, ist das Material bei der inneren Polsterung nicht ganz richtig, aber es ist wie gesagt erstmal ein Modell, kein Prototyp, und das sind Kleinigkeiten.

LILIJA SCHICK, Jahrgang 1994, studierte Innenarchitektur in Hannover mit Bachelor-Abschluss. Ihr Entwurf Libra gewann den ersten Preis beim 2. VARIO Design Competition „Arbeiten 2025!“

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