Blick hinter die Kulissen

Interview von Simone Kaempf Fotos Oliver Reinecke / formikat.de

Klaus Michel über den VARIO Design Competition "Arbeiten 2025"

Wie werden wir in Zukunft arbeiten? Nach Ideen für zukünftiges Arbeiten fragen wir in unserem 2. VARIO Design Competition. Was für Entwürfe das sein könnten und wohin sich die Arbeitswelt entwickelt, erklärt Gestalter Klaus Michel.

Teilnehmen am Wettbewerb können Studierende der Architektur und Innenarchitektur, deren Ideen, Skizzen oder fertige Entwürfe zu 80 Prozent aus Spanplatte bestehen - davon sollte man sich inspirieren und nicht verschrecken lassen! Denn wie man mit der Spanplatte umgeht, ob man sie schreddert und in Sitzsäcke füllt, biegt, klebt, schraubt ist völlig freigestellt.
 

Die für den Design Competition eingereichten Entwürfe sollen als Material hauptsächlich aus Spanplatte bestehen. Was ist mit dem Material alles möglich?
Klaus Michel: Wichtig ist, man kann Spanplatte auch schreddern, bis nur noch Sägespäne da liegen. Die könnte man zum Beispiel in einen Sitzsack füllen und hätte auch achtzig Prozent Spanplatte. Es gibt keine Vorschrift, wie man mit dem Material umgeht, ob man die Spanplatte am Ende überhaupt noch sieht, was man auf die Spanplatte montiert. Da herrscht also relativ viel Spielraum. Natürlich denkt man sofort immer an Flächen, die man zusammenfügt, aber man kann es auch ganz anders angehen.

 

Gesucht sind Ideen, Visionen und konkreten Lösungen unter der Überschrift "Arbeiten 2025". Wohin entwickelt sich die Arbeitswelt in den nächsten Jahren?
Auf jeden Fall spaltet sie sich. Wenn man an die Ausstattung von Arbeitsplätzen denkt, wird es ein Super-Hochpreis-Segment geben, aber die ganz einfache Arbeit verschwindet auch nicht. Das mittlere Segment wird meiner Meinung nach ziemlich ausdünnen. Das hat Rückschlüsse auf die Büros. Es gibt kleine Teams, die sich neu zusammensetzen, die andere Umfelder wollen unter Verzicht auf eigene große Arbeitstische mit Abfalleimer und Schreibtischleuchte. Dann wird der Anteil der Frauen größer, und die wollen einfach ein wohnlicheres Umfeld. Man kann heute den jüngeren Generationen kaum noch vermitteln, dass die Telefone einst mit maximal ein Meter fünfzig Strippe den Arbeits-Radius bildeten. Heißt, es wird schon heute ephemerer an unspezifischen Orten gearbeitet. Sicher wird es weiter Einzelarbeitsplätze geben, und zwar dort, wo man sich eben am besten konzentrieren kann. Das definiert jeder dann aber für sich selbst: ob das im Garten unterm Apfelbaum ist, im Straßencafé oder doch im Einzelbüro. Disziplin ist schon ein entscheidender Faktor, es wird ganz sicher Orte zum Konzentrieren geben, Orte zum Austausch oder zur Präsentation. Aber das sind dann schon spezifischere Orte, die man sich suchen und dazu buchen muss.


Was heißt das für die Gestaltung von Büromöbeln? Braucht es flexiblere, leichtere, mobilere Möbel?
Wenn ich das wüsste, wär ich Milliardär. Im Moment haben wir auf jeden Fall den Trend der Vermischung zwischen Büro- und Arbeitswelt. Ob das der richtige Weg ist, weiß ich nicht. Es braucht jedenfalls Orte, an denen man sich konzentrieren kann und Privates einfacher ausblendet. Irgend ein Arbeitsumfeld schafft man sich beispielsweise auch im Home-Office, wenn man den Frühstückstisch freiräumt. Solange die Marmelade auf dem Tisch steht, ist es mit dem Arbeiten schwierig. Wobei es auch von Person zu Person unterschiedlich ist und sich schlecht verallgemeinern lässt.

 

Welche Entwürfe sind für den Design Competition gewünscht und erhofft?
Ich antworte mal anders: Ökologie ist für viele ein wichtiges Thema. Und sicher ist die Lösung nicht der Massivholztisch, wie man in der achtziger Jahren dachte. Langlebigkeit, hoher Nutzwert, Flexibilität bis sortenreine Trennung spielen eine viel wichtigere Rolle. Und sicherlich verändert auch Mieten oder das Nutzen nur für eine bestimmte Zeit, die Gestalt von Objekten. Dann ist Mobilität wichtig. Klassische Büromöbel sind auf Grund der Normen und dem damit verbundenen Materialaufwand schwer und oft kaum noch zu bewegen. Bis in die Neunziger gab es Büromöbelsysteme, die kaum noch veränderbar waren sobald der Monteur den Raum verlassen hatte. Heute hat man Ensembles und kleinere Elemente, die flexibel sind. Es gibt da schon einiges, wobei man bei Schreibtischen noch nicht so weit ist. Höhenverstellbare Schreibtische mit Rollen darunter und klappbar, das wäre es eigentlich.

 

Was können teilnehmende Studierende aus dem Design Competition des vergangenen Jahrs für den diesjährigen lernen? Was lässt sich mit auf den Weg geben?
Die Ideen und Entwürfe müssen gar nicht so weit weg und utopisch sein. Mein Rat ist, sich umzuschauen, was gerade en vogue ist. Davon lässt man sich dann animieren und gibt dem Ganzen eine eigene Gestalt. Letztlich ist Gestaltung nichts anderes: man lässt sich inspirieren, setzt fünf Prozent drauf und hat schon etwas Neues. Klingt erstmal einfach, ist dann im Detail aber doch oft verflixt schwer. ABER: Bei einem Wettbewerb muss man das noch nicht lösen, da geht es erstmal ums Konzept.

 

KLAUS MICHEL, Jahrgang 1963, ist Designer und Professor an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, Innenarchitektur, Furniture and Interior Design. Für VARIO entwarf er verschiedene Tisch-, Schrank- und Wandsysteme.

Mehr zur Ausschreibung: Einsendeschluss ist der 30. August. Die fünfköpfige Jury trifft sich am 3. September. Die Preisverleihung findet am 17. Oktober statt.
Mehr über die Sieger-Entwürfe des Design Competition des vergangenen Jahres: Der prämierte Entwurf von Miriam Reihl ist als Ergänzung unserer stapelbaren Box M1 ins Programm aufgenommen.


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