Statement/Interview

Fotos Entwurf CO-WORKING STATION von Vanessa Rebecca Pfeffer

Hybride Flächen: die neue Normalität

Die Arbeitswelt wird sich durch Corona verändern. Aber wie genau? In loser Folge sammeln wir Hintergrundwissen. Diesmal: von Coach, Trainer und Unternehmensberater Michael Beckmann, der auch bei VARIO Veränderungen mitbegleitet.

Derzeit verändern auch wir uns und entwickeln uns weiter. Unter der Marke IdeenWerkRaum entsteht eine neue Plattform, die sich unter anderem auch Gedanken über zukünftige Arbeitsformen macht. Unsere Ausstellungsfläche ist parallel in einen Coworking-Space umgewandelt worden, in den sich bald auch Externe einbuchen können. Wir gehen mit, dass die bisherige Präsenzkultur einer neuen hybriden Arbeitskultur weicht.

Hybride Arbeitsformen bekommen einen neuen Stellenwert, das "Wie" und das "Wir" werden genauso wichtig wie das "Wo". Wie sich virtuelle und physische Räume, Homeoffice und Büroarbeit verschmelzen lassen, ist ein neues Thema der Büro-Gestaltung. Mehr darüber von Michael Beckmann.



Herr Beckmann: Gerade jetzt hat uns die Pandemie gelehrt, dass Arbeiten im Homeoffice sehr gut funktionieren kann. Digitale Lösungen ermöglichen das Arbeiten in Teams. Schwachstellen sind allenfalls noch Bandbreite und Hardware. Ist die klassische Bürofläche nicht ein Arbeitsmodell von gestern?
Michael Beckmann: Das "Arbeiten" an sich ist nicht nur betriebswirtschaftlich relevant, es trägt auch eine wichtige soziale Komponente in sich. Diese wiederum wirkt sich massiv auf die Leistung der Mitarbeiter und die Qualität der Arbeitsergebnisse aus. Die meisten dürften bereits die Erfahrung gemacht haben, dass wenn es um Informationsaustausch geht Videoconferencing-Tools eine enorme Arbeitserleichterung darstellen. Dort hingegen, wo es um konstruktive Auseinandersetzung mit einer Aufgabe, Strategieerarbeitung und kreative Lösungsfindung geht, wird man auch in Zukunft nicht am persönlichen Präsenzkontakt vorbeikommen.

Das bedeutet Unternehmen können proaktiv die Effizienz Ihrer Teams über die Arbeitsfläche steigern?
Das ist an sich keine neue Erkenntnis. Wenn man zu den viel zitierten Unternehmen wie Google, Apple usw. schaut, sieht man ja wie agil und dynamisch dort gearbeitet wird. Arbeitsumgebungen sind nicht mehr fixiert auf Tisch, Stuhl und Rollcontainer. Entscheidend ist, die richtigen Leute zusammenzubringen. Alles andere ist zweitrangig. Informationen und Dokumente werden über Technologien zur Verfügung gestellt. Das Umfeld muss sich den Teams anpassen und eine produktive Atmosphäre schaffen.

Welchen Tipp geben Sie an Unternehmen?
Versuchen Sie mit Abstand auf die Strukturen, Abläufe und Prozesse Ihres Unternehmens zu schauen. Welche Schritte in Ihrer Wertschöpfungskette sind notwendig, welche kosten nur Zeit und Nerven und stiften keinen Kundennutzen? Diese Prozesse lassen sich bereinigen, und hier liegt häufig Geld vergraben. Oftmals hilft sogar eine neue Umgebung dafür. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass das Firmengebäude gewechselt werden muss. Eine Neuordnung der Arbeitsplätze innerhalb der Büros hat schon so manche Sichtweise verändert. Berücksichtigen Sie dabei nicht nur das Mobiliar, sondern den gesamten Raum mit Farbe, Akustik und Klima.

Hybrid heißt auch, dass ein Teil im Büro präsent ist, weitere Mitarbeiter digital zugeschaltet sind. Welche neue Organisation braucht das?
In standardisierten und ortsgebundenen Prozessen, wie z.B. am Fließband, wird sich hybrides Arbeiten kaum darstellen lassen, dort muss zügig zu versprochener Qualität und vereinbarten Kosten geliefert werden. In vielen anderen Bereichen, in denen zum Beispiel rasche Reaktionen auf Kundenbedürfnisse erforderlich sind, ist nicht das "WO wird gearbeitet” relevant, sondern viel mehr das "Wie wird zusammengearbeitet”. Projektarbeit mit schnellen marktreifen Designs wird zunehmen, und dafür müssen nicht immer alle Mitarbeiter vor Ort präsent sein, jedoch flexibel in verschiedenen Konstellationen kollaborieren können. Für die Organisation bedeutet das, nicht nur technologisch und sicherheitstechnisch ortsübergreifend damit umgehen zu können. Auch die Führung muss sich anpassen, Vertrauen geben und einfordern, Kontrolle adaptieren und alle notwendigen Umgebungen bereitzustellen, die Arbeit in Hochleistungsteams ermöglicht. Die berühmten immobilen "Paläste" werden dort mehr und mehr den erforderlichen flexiblen "Zelten" weichen müssen.

MICHAEL BECKMANN, Jahrgang 1965, ist Dozent, Coach und Berater für Unternehmer mit Sitz in Frankfurt. Zuvor arbeitete er 25 Jahre im Investment-Banking.
 

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