Statement/Interview

Interview Simone Kaempf Fotos Naomi Rossignol

Früh in die Planung einbeziehen

Mitarbeiter sind über Büro-Umgestaltungen nicht immer begeistert. Wie bezieht man Mitarbeiter sinnvoll in die Planung ein, wie überwindet man Widerstände? Über ihre Erfahrungen berichtet Friederike Vondran, die bei Colliers International als Beraterin für Workplace Consulting, strategische Beratung und Change Management verantwortlich ist.

Neue Arbeitswelten sind in aller Munde. Andererseits sorgt die Einführung bei Mitarbeitern nicht immer für Begeisterung. Welche Ängste tauchen im Vorwege auf?
Menschen sind Gewohnheitstiere und wenn Veränderungen anstehen, weckt das die Angst vor dem Unbekannten. Selbst Themen oder Dinge im Büro, die man vorher gar nicht so gut fand, werden angesichts der Veränderungen plötzlich schön geredet. Die größte Angst ist meiner Beobachtung nach, wie und wo man zukünftig seinen Arbeitsplatz findet. Gerade, wenn eine Flexquote eingeführt wird, sprich weniger Schreibtisch als Mitarbeiter vorhanden sind, steigt die Sorge, einen guten Arbeitsplatz zu bekommen, weil die ja eventuell alle vergeben sind.

 

Bewahrheitet sich das später in der Realität?
Wenn vorher eine gute Analyse stattgefunden hat und das Konzept richtig umgesetzt wurde, lässt sich die Zahl der benötigten gut berechnen. Wir führen genaue Analysen im Vorwege durch mit Interviews, was die Tätigkeiten sind und da werden alle Abteilungen einbezogen. Im Idealfall werden die Mitarbeiter befragt und anhand dessen kalkulieren wir, wieviel Platz und Raummodule gebraucht werden. Es kommt dann gar nicht dazu, dass es vor Ort zuwenig Arbeitsplätze gibt. Das alles muss den Mitarbeitern aber auch kommuniziert werden, um ihnen von Anfang an die Ängste zu nehmen. Wenn sie nicht in den Prozess eingebunden sind und mit geschätzten Werten kalkuliert wurde, ist die Gefahr deutlich größer, dass es nicht aufgeht.

 

Wie sieht ein optimaler Einbezug der Mitarbeiter aus?
Indem man sie schon ganz ganz früh einbezieht. Wir befragen die Mitarbeiter bereits in der Analyse-Phase, sie sollen merken, dass ihr Bedarf aufgenommen wird. Und dann begleiten wir die Mitarbeiter konsequent während des Prozesses, das sieht je nach Kunden unterschiedlich aus. Im Idealfall können die Mitarbeiter mitentscheiden. Wir führen zum Beispiel Co-Design-Workshops durch, in denen es um die Gestaltung der Arbeitsplätze geht, und es gibt bestimmte Parameter, bei denen die Mitarbeiter mitentscheiden können. Oder man bezieht sie ein, wenn das Regelwerk für die Nutzung der Räume aufgestellt wird: wo darf ich telefonieren, wie nutze ich die Raummodule, woran muss ich mich auf der Fläche halten? Wichtig ist aber auch eine transparente Kommunikation während des Prozesses. Alle sollen wissen, was passiert gerade, was sind die einzelnen Schritte, damit man Flurfunk vermeidet. Man kann dann auch Musterflächen aufbauen. Kurz gesgt: möglichst viele Informationen an die Mitarbeiter geben, das nimmt die Angst vor dem Unbekannten.

 

Wenn man nicht alle Mitarbeiter befragen kann und Arbeitsgruppen bildet, wie und wen wählt man aus?
Wir machen das normalerweise mit einem Multiplikatorensystem. Je nach Größe und Struktur des Unternehmens besetzen wir die Arbeitsgruppen mit Mitarbeitern aus allen Bereichen. In Workshops bekommen sie bei uns die Informationen, tragen diese in ihre Abteilungen und geben uns wiederum Feedback, was die Mitarbeiter bewegt und wo Fragen auftauchen. Sie sind das Sprachrohr zwischen dem Projektteam und den Mitarbeitern. Das hilft, Gerüchte zu vermeiden über das, was kommen wird.

 

Wie behalten Sie den Überblick über diesen Prozess?
Es gibt Meilensteine bei einem jeden Projekt. Etwa, in welcher Bauphase befindet man sich gerade? Wann müssen Möbel bestellt werden? Wir erstellen Kommunikationspläne und bieten Veranstaltungen an zu Themen, die in bestimmten Phasen interessant sind. In bestimmten Momenten kann man auch alle Mitarbeiter einbeziehen, zum Beispiel mit einer Besichtigung der Musterfläche komplett offen für alle.

 

Welches Raum-Konzept ist denn Ihr Favorit?
Ich bin ein großer Fan von aktivitätsbasierten Arbeiten, bei dem man im Büro ganz unterschiedliche Orte schafft. Das ähnelt am ehesten dem Leben in der eigenen Wohnung, wo man auch nicht zum Duschen in die Küche geht, sondern ins Badezimmer. Genauso ist das mit den Arbeitsorten, das ist ein Konzept, was wirklich an den Bedarf angepasst ist. Wenn nur eine offene Bürofläche ohne Rückzugsorte angeboten wird, kanns schon schief gehen. Wenn man die Vielfalt will, muss man sie auch wirklich zur Verfügung stellen.


FRIEDERIKE VONDRAN, Jahrgang 1983, Associate Director Workplace Consulting & Project Management bei Colliers International. Nach ihrem Architekturstudium in England hat sie mehrere Jahre in Architekturbüros in Spanien und Belgien gearbeitet, bevor sie sich im Bereich Workplace Consulting spezialisierte. www.colliers.de

 

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