Statement/Interview

Fotos Stefan Krutsch

Mehr über den Sieger-Entwurf "Murus XC"

Maximilian Schwarzlmüller erhält den ersten Preis des VARIO Design Competition 2021 zum Thema Home Office. Sein Entwurf "Murus XC" denkt den Arbeitsplätze im Homeoffce von den Grundrissen her und nutzt Zwischenbereiche. 

"Murus XC vereint die wichtigsten Anforderungen für individuelles Arbeiten. Dieses raffinierte Wandelement nutzt unentdeckte Raumpotentiale und definiert Räume neu", heißt es in der Jury-Begründung. Wir sprachen mit Schwarzlmüller, der in Graz Architektur studiert, über die Besonderheit seines Entwurfs.
 

Der Design Competition hat nach Lösungen gesucht, die temporäres Arbeiten von zuhause aus ermöglichen. Zu Ihrem Entwurf gehört eine genaue und kluge architektonische Analyse von Standard-Grundrissen und -Maßen. Wie entstand die Idee?
Maximilian Schwarzlmüller: Ich studiere Architektur und arbeite auch schon länger in einem Architekturbüro, in dem es relativ viel um Wohnbauten geht. Beim Zeichnen und Entwerfen bemerkt man immer wieder, dass die Fläche nicht da ist für einen Extraraum oder gar ein Arbeitszimmer. Gerade die 1,5- und 3-Zimmer-Wohnungen werden aber gerne verkauft. Für junge Familien ist es das, was sie sich leisten können. Meistens dient ein längsgezogener Riegel als Wohn-Ess- Bereich. Die Ausgangsidee ist bei mir, die Arbeits-Situation in dieser Raumform zu ermöglichen. Ich habe versucht, Parameter zu finden, an die ich mich in dieser Raumform halten kann. Der erste Schritt war wirklich Rahmenbedingungen zu finden, und dann stößt man natürlich auf die Zone zwischen Esstisch und Couch-Bereich. Diese Breite ist übergeblieben, die ich dann auf die Wand projiziert habe. Idee ist aber nicht, im engen Sinne einen Arbeitsplatz zu schaffen, sondern ein Stück flexiblen Raum, der die Lebens-Situation bereichert und nicht stört.

Murus XC ist in gewisser Weise ein Wandelement, das sich im 90 Grad-Winkel aufklappen lässt. Wie flexibel ist es einsetzbar?
Der Entwurf ist einerseits eine Faltwand. Das vordere Element dient zusätzlich als Funktionswand mit den unterschiedlichen aufklappbaren Teilen. Das hintere Element ist der Stützmechanismus, der an einem Eck mit einem Drehscharnier an der Wand angebracht ist. Entweder kann ich MURUS wie ein Bild an der Wand nutzen und aufklappen oder wie eine Faltwand raumtrennend öffnen und schließen. Im aufgeklappten Zustand zoniert sich der Raum, der Wohn- trennt sich vom Essbereich und wird eine privatere Arbeitsmöglichkeit.

Eine Funktion ist das Aufklappen in den Raum. Ausgeklappt lassen sich dann drei Arbeits-Situationen erschaffen?
Genau. Im Wandzustand kann ich die unteren zwei Elemente nach oben falten, das bietet Platz für einen kleineren Arbeitsplatz zum Beispiel mit Laptop. Oder ich klappe das mittlere Element nach oben oder habe ein Stehboard. Die Boards haben Rotationsmöglichkeit, um sich verstellen zu lassen. Wie das genau beim Prototyp funktioniert, der derzeit in Arbeit ist, wird sich noch zeigen. Es ist klar ein Konzept, jetzt muss man schauen, wie sich die Details umsetzen lassen. Beim Rendering sieht man aber zum Beispiel, dass der Rahmen relativ dick ist, so dass man einen Steckmechanismus schafft, um mit einer Hand das Board hochzuklappen und links vielleicht einen Lock- Mechanismus schafft, alternative wären auch Magnete denkbar.

 


Ist das Thema Homeoffice seit der Pandemie in die Architektur vorgedrungen und wird in die Planung von Neubauten einbezogen?
Leider nicht, glaube ich. Ich beobachte eher, dass Bauträger eine bestimmte Quadratmeterzahl planen, damit sich die Wohnungen verkaufen lassen, heißt, auch bezahlbar sind. Die Pandemie hat eher gezeigt, dass wir auf kleinem Raum leben. Als junge Familie hat man oft zuwenig Platz. Abgetrennte Arbeitsbereiche fehlen und sind super-schwer zu erschaffen. Man baut wegen eines Arbeitsplatzes nicht um. Ich wollte auch so wenig wie möglich verändern an der persönlichen Wohn-Situation, darum die Idee eines Möbels, das noch mit einer Drehachse an der Wand verbunden ist und sich auch wieder entfernen lässt.

Eine Möbel-Lösung von der Problematik des Grundriss her zu denken und dort zu intervenieren, wie Sie es machen, scheint in dem Zusammenhang wirklich sinnvoll und nützlich. Das ist jetzt ein Lob. Aber nachgefragt, ist das nicht auch ein guter Ansatz, um Möbel mehr aus der Richtung zu denken und dennoch Standardmaße zu nutzen?
Ja, das ist sicher auch ein Grund, warum Systemmöbel so gut funktionieren. Das war nicht meine ursprüngliche Idee, finde ich aber eine coole gute Idee. Nochmalerweise denkt man eher, dass man wenig Platz in einer Ecke hat und schafft viel Ablageplatz, aber vom Grundriss her mit dem Platz umzugehen und Möbel zu entwerfen, das geht nochmal einen Schritt weiter.

Zum Entwurf gehört auch eine Analyse und Beschreibung der Situation. Welche anderen Ideen und Möglichkeiten gibt es noch im Hinblick auf Umgang mit Grundrissen?
Was derzeit auch auffällt ist, dass Zwischenwände immer dünner werden. Mittlerweile kann man mit 10 Zentimertern eine halbwegs schalldichte Gipskartonwand bauen. Aber ich glaube nicht richtig dran, denn Steinwände sind einfach doch nochmal solider. Ich stelle mir eher vor, dass in offenen Wohn-Grundrissen mehr mit zonierenden Möbeln eingerichtet wird, da gibt es auch schon gute Konzepte. Ich glaube, dass es im Moment dorthin geht, dass die Räume sich auflösen, weil Platz so knapp bemessen ist und dass man die Wohnung frei mit Möbeln zoniert.

In der Büro-Arbeitsplatz-Gestaltung wird auch auf diese Weise gedacht.
Mit der Zonierung von Büro-Räumen habe ich wenig Erfahrung, aber klar ist, dass man dort Rückzugsräume braucht, in denen man ungestört arbeitet, aber andererseits immer mehr Open Spaces geschaffen werden. Es kommt sicher auch auf die Art der Arbeit an. Vielleicht ist der Rückzugsraum im Büro sogar auch nochmal wichtiger als im Homeoffice.

 

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Alles über die Ausschreibung des Wettbewerbs, die Idee und die Jury.

Mehr über den VARIO Design Competition 2020 inspired by space im Jahr 2020, den Design Competiton "Arbeiten 2025" im Jahr 2019 und "Pimp my M1!" im Jahr 2018 als der Wettbewerb das erste Mal stattfand.

 

 

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