Statement/Interview

Interview mit VARIO-Gestalter Klaus Michel

Tischlein, deck dich im Büro: VARIO Design Competition 2023.

Der sechste VARIO Design Wettbewerb ist gestartet. Es geht um den Coffee to go am Arbeitsplatz, ums Snacking, das Büro-Mittagessen, die Kantine, um Gastfreundschaft, Corporate Hospitality und gemeinsames Zusammensein im Büro, kurzum um "work and snack vs. snack and work" und alles, was damit zu tun hat. Manchen hilft vielleicht schon ein Cupholder oder die Mikrowelle am Arbeitsplatz, andere wünschen sich eine Gemeinschaftsküche mit langer Tafel. Wie bringt man Work und Snack zusammen, wenn auf kleinem Raum gearbeitet wird und die Kantine fehlt? Mehr von VARIO-Gestalter und Design-Professor Klaus Michel, der den Wettbewerb initiiert hat.

"Work and snack vs. snack and work" lautet das Thema der Design Competition. Was sind Ausgangs-Überlegungen? Was soll wie zusammengeführt werden?

Klaus Michel: Gemeint ist Gastfreundschaft. Aber der Begriff war uns einfach...zu deutsch und zu wenig offen. Der Fachbegriff "Hospitality" ist verwirrend, denn wer nicht gut Englisch spricht wird irregeleitet und denkt sofort an Krankenhaus. Das ist es aber nicht. Warum dieses Thema? Hintergrund ist eine sich wandelnde Arbeitswelt, die sich wegbewegt von der grauen Büroarbeit, weg von Sachbearbeitung hin zum Entwickeln von Ideen und Konzepten. Und das macht man in der Gruppe mit anderen zusammen in immer neuen Konstellationen, weil man weiß, dass gemischte Gruppen viel innovativer sind als homogene. Und das heißt, es gibt jemanden, der empfängt andere, um gemeinsam zu arbeiten. Gastfreundschaft kann in diesem Zusammanhang von einem einfachen Tee und Kaffee bis hin zum Mittagessen reichen. Das will irgendwie organisiert sein in einem Arbeitsumfeld, das deutlich wohnlicher wird, beziehungsweise bereits geworden ist.

Alle kennen die ganz einfachen Lösungen, etwa die Keksdose auf dem Konferenztisch, die Teeküche oder die Kantine. Was sind Lösungen, die sich in veränderte Arbeitsplatzgestaltungen oder Büroflächen integrieren. Kann man das konkretisieren?

Klaus Michel: Konkret könnte man sich selber die Aufgabe stellen: Ich habe sechs oder acht Leute, in einer Gruppe, die den Raum nicht verlässt. Man arbeitet gemeinsam, will aber auch gemeinsam Mittag essen, denn nur Kekse den ganzen Tag gehen auch nicht. So, und dann hat man die Situation, dass man nur einen Tisch hat, an dem gearbeitet wird, da will man eigentlich nicht essen. Das gemeinsame Essen soll ja auch Abwechslung und Pause sein. Ein bestimmtes Niveau darf es auch gerne haben. Zudem wird beim Essen gekleckert und und herumliegende Arbeitsutensilien – das passt nicht zusammen. Wie kriegt man das unter einen Hut, dass sich beides räumlich relativ nah abspielen kann, ohne dass man den Raum größer macht. Wenn man nicht das ganz große Büro hat oder den Luxus einer Kantine, wird man den Raum und den Tisch nicht verlassen können. Dennoch sollen die beiden Situationen getrennt werden. Wie bekommt man das intelligent hin?

Auf den Begriff Corporate Hospitality stößt man mittlerweile öfter. Gibt es daraus bereits Trends oder Haltungen, die man benennen kann?
Ne, da weiß ich nichts. Aber klar ist das ein interessantes Ding, auf das man sich draufsetzen könnte, nicht nur für Küchen als Thema oder für jemanden, der aus dem Foodbereich kommt, sondern auch als Gestaltungsfrage. Zum Beispiel, was die ewigen Kekse betrifft, die immer das einfachste sind, wenn es nichts anderes gibt. Ich glaube, in Kleinunternehmen ist es einfacher als in größeren, aber in größeren wird es wahrscheinlich mehr Wums machen und auch viel einfacher zu organisieren sein, wenn man es von zentraler Stelle aus organisiert.

VARIO hat sich von der klassischen Teeküche verabschiedet und die OFFICE KITCHEN entwickelt, die eine Raumveränderung bedeutet. Könnten Wettbewerbs-Einreichungen an die Idee anknüpfen?
Klaus Michel: Ja klar. Die Office Kitchen ist für das Großraumbüro als Open Space gedacht. Beim kreativen Arbeiten sind Ortsveränderungen oder eben ein Wandern im Raum einfach angenehm, weil das Auge und das Hirn abgelenkt werden und man auf andere Gedanken kommt als wenn man die ganze Zeit an einem 72 Zentimeter hohen Tisch bleibt. Der Clou dieser Küche ist die Rückwand, die vielfältig nutzbar ist als Kommunikationswand, für Regale oder Arbeitstische. Solche veränderten Raum-Ideen sind auch für den Wettbewerb eine Ausgangs-Basis. Davon könnte man sich inspirieren lassen.
 

(Preisverleihung des VARIO Design Wettbewerbs 2022: Oben die erste Preisträgerin Sinisha Hapke mit den Juroren Klaus Michel und Nicolai Neubert, unten alle Ausgezeichneten zusammen mit der Jury. Fotos: Stefan Krutsch)
 

Was kann man den Studierenden noch mitgeben nach mittlerweile fünf Wettbewerben, welche Erfahrungen, Ratschläge oder Wünsche?
Immer über den Tellerrand hinaus schauen. Die Student:nnen denken meistens, dass die Erfolgsaussichten steigen, je enger man sich an die Wettbewerbs-Vorgaben hält. Das stimmt aber gar nicht. Sondern wenn man so richtig über den Tellerrand hinaus denkt und etwas ganz anderes bringt, dann hat man manchmal viel größere Aufmerksamkeit.

KLAUS MICHEL, Jahrgang 1963, ist Designer und Professor an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, Innenarchitektur, Furniture and Interior Design. Für VARIO entwarf er diverse Tisch-, Schrank- und Wandsysteme.

Mehr zur Ausschreibung: Einsendeschluss ist der 21. Juni 2023. Die Jury trifft sich im Juli. Die Bekanntgabe und Preisverleihung findet im September statt. Mehr zu den Siegerentwürfen des Wettbewerbs 2022, 2021, 2020, 2019 und 2018.

 

phone
mail

Newsletter-Anmeldung

Sie wollen Neues und Wissenswertes von und über VARIO erfahren? Dann melden Sie sich hier zum Newsletter an, wir informieren Sie gerne.