Blick hinter die Kulissen

Simone Kaempf Fotos Dominik Asbach

Dokumentarischer Blick

The Winner is... Dominik Asbach.
Der 44-jährige Fotograf gewann den ersten Preis des VARIO-Fotowettbewerbs "Tischgeschichten", der im März verliehen wurde. Asbach arbeitet frei für verschiedene Print-Magazine. Seine Siegerfotos – zwei hat er eingereicht – entstanden in Shanghai.
Der dokumentarische Blick auf Büro-Alltagskultur überzeugte die siebenköpfige Jury.

"Die Fotoserie archiviert ein Zeitschnipsel der 2010er Jahre. Anhand des Zusammenspiels von Tischtiefen, Arbeitsplatzbreiten und elektronischer Werkzeuge lässt sich für spätere Betrachter das Jahr, wenn nicht sogar den Monat ermitteln", heißt es weiter in der Begründung der Jury, die ihn aus 132 Einsendungen auswählte. Wir sprachen mit dem Fotografen über seine Arbeit.

 

Auf den beiden Bildern sieht man Schreibtische, mit sehr vielen bunten Dingen darauf, sehr individuell, fast wie kleine Zimmer eingerichtet. Wo sind die Bilder entstanden?

Dominik Asbach: In China, genauer in Shanghai. Ich habe dort für den Umweltbericht eines Logistik- und Dienstleistungsunternehmen deren Büros fotografiert. Diese beiden Bilder blieben ungenutzt und wurden nicht veröffentlicht. Für den Vario-Wettbewerb fand ich sie ideal, weil die Schreibtische richtige Geschichten erzählen.

Die Schreibtische stehen sehr eng, wirken jedoch privat eingerichtet. Was sind das für Mitarbeiter, deren Arbeitsplätze zu sehen sind?

Was ich weiß ist, dass sie alle so um die dreißig Jahre alt sind, ein Studium mit Bachelor abgeschlossen haben und im Unternehmen in unterschiedlichen Logistik- und Callcenter-Projekten arbeiten. Das ist schon eher mittlere Ebene, jedenfalls nicht unterste, auch wenn die Situation etwas Arbeitsbienen-haftes hat. Trotzdem verdienen sie nicht viel. Das Leben in Shanghai ist sehr teuer, die Mieten sind extrem hoch. Wie ich es mitbekommen habe, teilt man sich mit sechs, acht Leuten kleine Wohnungen. In diesen Wohngemeinschaften wird zum Beispiel in Schichten geschlafen. Vielleicht versucht man deshalb, am Arbeitsplatz auf kleinstem Raum Intimität zu schaffen. Jeder sieht zu, es sich zumindest im Büro etwas gemütlich zu machen.

Aus welcher Position sind die Fotos aufgenommen?Die Vogelperspektive wirkt, als würden Sie unter der Decke baumeln.

Ich stand auf einem Gang, der wie eine Brücke über die Büros führt. Man konnte exakt senkrecht nach unten schauen. Ein bisschen gerade gestellt hab ich's in Photoshop dann auch noch, aber wirklich wenig. Die Bilder sind schon sehr gerade von oben herunter fotografiert.

Sie arbeiten als freier Fotograf mit Sitz in Duisburg. Vergangene Woche konnte man Ihre Bilder zum Beispiel in der "Zeit" gedruckt sehen, drei Fotos zu einem Text über Duisburg. Anderseits China. Kommen Sie viel herum?

Mein Hauptgebiet ist schon Nordrhein-Westfalen. Zum Arbeiten ist das ideal, man erreicht in kürzester Fahrtzeit 10 Millionen Menschen. Ich arbeite für viele Print-Magazine und Wochenzeitungen, aber auch für Unternehmen, das ist eine relativ typische Mischung für freie Fotografen. Im Grunde reise ich überall dorthin, wohin mich die Aufträge verschlagen. Die beiden Fotos, mit denen ich den Wettbewerb gewonnen habe, entstanden auf einer dieser Auftragsreisen und waren Zufallsprodukte. Sie wurden nicht gedruckt, ich habe von dieser Art in Shanghai auch nur die beiden gemacht, die danach in der Schublade verschwanden. Was will man mit zwei solchen Fotos machen? Aber als ich die Fotowettbewerbs-Ausschreibung sah, dachte ich, das passt eigentlich wie die Faust aufs Auge.

Weil die Fotos Bürogeschichten erzählen...

Ja, und Vario hat die Bilder zur Preisverleihung sehr groß geprintet. Ich war selber ein bisschen geflasht, im Großformat lassen sich noch mehr der vielen kleinen Details erkennen, es offenbart sich noch besser, dass jeder Schreibtisch eine eigene Welt darstellt. Man weiß bei Wettbewerben nie genau, was gesucht und gewollt ist, und ich beteilige mich nur selten an Ausschreibungen, alle anderthalb Jahre mal. Hier dachte ich, es könnte passen. Hat es dann auch, und mich hat der Preis wirklich sehr gefreut.


DOMINIK ASBACH, 1972 in Essen geboren, studierte Fotodesign in Dortmund, lebt in Duisburg und arbeitet überall.
mehr: www.asbach-foto.de
www.vario-tischgeschichten.com

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