Grundlagen/Wissen

Simone Kaempf

Sicheres Tageslicht

Die Arbeitsstättenverordnung betrifft als Teil des Arbeitsschutz auch Büros, zum Beispiel mit Regelungen fürs Tageslicht. Seit Ende vergangenen Jahres gelten Änderungen. Über die wichtigsten Neuerungen spricht Barbara Schwaibold vom Industrieverband Büro und Arbeitswelt.  

Seit Ende vergangenen Jahres gilt die neue Arbeitsstättenverordnung. Warum ist eine Änderung nötig geworden? Für Architekten, Innenarchitekten oder Büroplaner hat das ja durchaus Konsequenzen.

Früher galten parallel die Arbeitsstättenverordnung, relevant für alle Arten von Arbeitsplätzen, und die Bildschirmarbeitsverordnung, die speziell für Arbeit am Computer zusätzliche Regelungen traf. Inzwischen sind aber mehr als die Hälfte aller Arbeitsplätze Bildschirmarbeitsplätze, und deswegen hat man irgendwann gesagt: es macht überhaupt keinen Sinn, diese beiden Regelwerke parallel laufen zu lassen.

 

Also hat man sie verbunden?
Verbunden, und in diesem Zuge ist man noch einen Schritt weiter gegangen und hat gesagt: das Thema mobiles Arbeiten – was wir als Telearbeit bezeichnen – wird einen immer größeren Raum einnehmen und dann treffen wir gleich dafür die Regelungen. Desweiteren gab es ein paar Unklarheiten, die ausgeräumt wurden. Das Ziel der Verordnung lässt sich aber wie eh und je beschreiben: nämlich gefahrenfreie und für die Gesundheit der Beschäftigen positive Arbeitsplätze einzurichten.

 

Gibt es konkrete Zahlen, wie stark die Bildschirmarbeitsplätze insgesamt gestiegen sind, wieviele Home Offices es gibt, und wie sich das in den letzten Jahren verändert hat?

Ältere Erhebungen haben wir nicht. Die repräsentative Umfrage stammt aus dem Jahr 2015 und ergab: 50 Prozent der Beschäftigten arbeiten zumindest teilweise an einem Büroarbeitsplatz. 2 Prozent arbeiten ausschließlich zuhause.


Welche Unklarheiten räumt die neue Verordnung aus?

Zum einen war nicht so ganz klar, was genau unter die Verordnung fällt. Die Frage der zeitlichen Begrenzung sorgte für Interpretationsschwierigkeiten. Gilt die Arbeitsstättenverordnung ausschließlich für Vollzeitarbeit genutzte Plätze oder gilt sie auch für Bereiche, an denen man gelegentlich arbeitet? Was macht man zum Beispiel mit einem Außendienstmitarbeiter, der einmal in der Woche ins Büro kommt, zwei Stunden am Schreibtisch verbringt und den Rest in Besprechungen? Ist dieser Schreibtisch nun als Arbeitsplatz im Sinne der Verordnung zu sehen oder ist das eher ein Aufenthaltsbereich? Mit der neuen Verordnung ist nun unerheblich, wie lange ich einen Arbeitsplatz nutze.

Zum anderen hat sich die Verordnung für Telearbeit, also Arbeit zuhause und unterwegs, geöffnet. Bei der Ausstattung der Arbeitsplätze können jetzt Home Offices einbezogen werden.

Gilt das automatisch für alle, die zuhause arbeiten?

Automatisch nicht, nein. Telearbeitsplätze sind jetzt definiert als Arbeitsplätze im häuslichen Umfeld, die im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung genutzt werden und bei der sich der Arbeitgeber an der Ausstattung beteiligt. Sprich, wenn Sie fest angestellt werden und sagen, Sie haben zuhause bereits ein Büro ist das kein Teil des Arbeitgebers. Wenn der Arbeitgeber sich an der Ausstattung beteiligt, soll er auch Verantwortung übernehmen. Bisschen spitzfindig, aber so ist es.
Lange diskutiert wurde auch die Frage, welche Anforderungen an Archive und ähnliche Räume zu stellen sind. Diese sind jetzt ganz klar als Arbeitsstätten im Sinne der Arbeitsstättenverordnung definiert. Für ihre Gestaltung lässt die neugefasste Regelung aber einige Erleichterungen zu.


Die Diskussion drehte sich vor allem ums Tageslicht und war ein ziemlicher Streitpunkt. Wie hat man sich geeinigt?

Ursprünglich sollte die Änderungen der Verordnung schon vor zwei Jahren verabschiedet werden. Nach einer Debatte im Bundesrat wurde das ganze erst eínmal gekippt, weil die Arbeitgeberseite gesagt hat, damit können wir nicht arbeiten. Einer der monierten Punkte war eben, dass alle Räume einer Arbeitsstätte mit Tageslicht versorgt werden müssen. Zu dem Zeitpunkt stand noch nicht fest, dass Archive und Sanitärräume ausgenommen werden. Auch zwei, drei weitere Punkte waren unklar.

Wie es das jetzt geregelt?

Die überarbeitete Verordnung ist jetzt deutlich präziser. Demnach dürfen nur solche Räume als Arbeitsräume genutzt werden, die ausreichend Tageslicht erhalten. Wo ein Fehlen von Tageslicht akzeptiert wird, ist in einer nachfolgenden Auflistung spezifiziert. Zu diesen Ausnahmen zählen neben den Archiv- und Lagerräumen beispielsweise auch Teeküchen. Was ausreichendes Tageslicht ist, wird in einer technischen Regel zur Arbeitsstättenverordnung, der ASR A3.4 – Beleuchtung, definiert.

Hat die neue Verordnung also doch wenig Auswirkungen?

Formalien haben sich geändert, und am Ende sind es Nuancen. Vor allem gibt es jetzt Planungssicherheit. Was gestärkt wurde – und da komme ich auf die alte Bildschirmarbeitsverordnung: Es lag immer starkes Gewicht darauf, für gutes Sehen zu sorgen. Sie formulierte einen Anspruch der Arbeitnehmer auf regelmäßige, augenärztliche Untersuchungen und unter Umständen auch auf die Finanzierung einer Bildschirmbrille. Diese Regelungen sind jetzt in die Arbeitsstättenverordnung gewandert. Was neu ist, ist eine relativ starke Betonung des Themas Blendung. Bildschirme, egal ob stationär oder tragbar, müssen demnach frei von störenden Reflexionen und Blendungen sein. Das heißt konkret, dass auch Laptops und Tablets, die für die Büroarbeit eingesetzt werden, einen matten Bildschirm haben müssen. Die umgebenden Flächen dürfen nicht spiegeln und Leuchten dürfen nicht blenden.

Das klingt wie aus den Anfängen der Computerarbeit vor fünfundzwanzig Jahren, als man dachte, es leiden die Augen. Heute weiß man, dass es die Rücken sind.

Das Problem ist, dass beide leiden. Wenn man schlecht sieht, nimmt man ungünstige Körperhaltungen an und beginnt, sich zu verkrampfen. Aber bei allem kann man sagen: wer sich vorher an gesetzliche Regelungen gehalten hat, der muss auch jetzt nichts machen. Gut ist, dass die Anforderungen, die vorher auf mehrere Verordnungen verteilt waren, jetzt an einem Platz versammelt sind. Aber weder diese Erkenntnis noch die Anforderungen in der Arbeitsstättenverordnung sind neu. Letztendlich wurden wie bereits erwähnt, einige Dinge präzisiert und Regelungen, die bislang an unterschiedlichen Stellen zu finden waren, in einer Verordnung zusammengefasst. Beides erleichtert die Anwendung.


BARBARA SCHWAIBOLD ist beim Industrieverband Büro und Arbeitswelt e. V. zuständig für Kommunikation und Normung.

Mehr zu den Änderungen auf vbg.de
Alle Arbeitsschutzgesetze auf arbeitsschutzgesetz.org

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