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von Yasemin Yilmaz Fotos Yasemine Yilmaz

Empfangszeit: Neujahrsfeste in Tokio und Seoul

Empfangszeit ist eines unserer 12 VARIO-Zeit-Themen, es steht für Raum- und Möbellösungen, die einen willkommen heißen. Yasemin Yilmaz, Studentin der Innenarchitektur in Halle, die derzeit ein Auslandssemester in Tokio verbringt, beleuchtet das Thema Empfangszeit von einer ganz anderen Seite und war auf Neujahrsfesten in Tokio und in Seoul mit ihren besonderen Zeremonien und Ritualen.

Das neue Jahr beginnen viele gerne mit Vorsätzen, die viel zu schnell wieder gebrochen werden. Dieses Jahr bin ich gleich zweimal ins neue Jahr gestartet und konnte an verschiedenen Ritualen in Japan und Südkorea teilhaben.


Das japanische Neujahrsfest richtet sich genau wie in Europa nach dem Gregorianischen Kalender und findet in der Nacht vom 31. Dezember auf den 1. Januar statt. In Japan ist es ein familiäres Fest, das viele Zuhause im Kreise ihrer Familie feiern. Dennoch wollte ich möglichst nah am japanischen Feeling dieses Festes dran sein und habe mich umgehört wie dieser Tag verbracht wird. Stets hieß es: zuerst solle man zu einem Schrein und dann zu einem Tempel gehen. Frei nach dem Motto Doppelt-hält-besser, holen sich die Tokioter gerne den glückbringenden Zuspruch beider Religionen, Shinto und Buddhismus, ab.


Anders als bei uns, war es am Silvesterabend gar nicht schwierig, einen Platz im Restaurant zu bekommen, da die Einheimischen überwiegend im trauten Heim speisen. Bei den Schrein-und Tempelbesuchen sah es schon anders auch. Bei dem Besuch eines Shinto-Schreins spielt sich ein Großteil des Geschehens draußen ab. Die Besucher finden sich auf dem großzügigen Gelände ein, um einer rituellen Performance beizuwohnen.


Bei dem Tempel muss man dagegen einen der begehrten Plätze ergattern, um der Zeremonie beizuwohnen. Ich war leider zu spät und wurde nicht mehr hineingelassen. Stolz zeigten Freunde mir später, wie jeder einzelne Gast die große Glocke des Tempels läuten durfte. Wer die Glocke läutet, dem soll im neuen Jahr Glück widerfahren.


Es gibt auch verschiedene kulturelle Bräuche, die spezielle Geschichten haben wie zum Beispiel die Oji Fox Parade. 1993 als moderne, lebendige Nachbildung des Kunstwerkes Sylvester-Foxfire at the changing Tree gegründet, dient die Parade heute als Rückblick auf das alte Jahr und zur Begrüßung des Neuen. Viele junge Menschen verkleiden sich dann als Füchse mit Fuchsmasken, schminken sich und ziehen in einem rituellen Umzug umher, der mit einer Prozession um Mitternacht endet.

Das Treiben an der berühmtesten Kreuzung der Welt, dem Shibuya Crossing in Tokio, war schon einige Stunden vor Mitternacht kaum zum Aushalten. Überall waren so viele Menschen, dass die Metro-Station Shibuya und die naheliegenden Straßen kurzerhand gesperrt wurden. Auf großen Screens an Hochhäusern stand zu lesen, was man alles nicht tun dürfe, unter anderem Leute schupsen und Drohnen benutzen. Coca Cola nutzte die Ansammlung von Menschen für einen Werbe-Coup. Jeder, der lang genug warten wollte, bekam eine Cola und einen roten Hut geschenkt. Schon nach wenigen Minuten war ich von einem Meer aus rot umgeben.


Festtagskleidung, Straßenshows und Straßenleben in Seoul
Das zweite mal ins neue Jahr gestartet, bin ich dann Ende Januar in Seoul. Eher zufällig als geplant, hatten wir unsere Reise auf diesen Termin gelegt.

 

Das koreanische Neujahrsfest richtet sich nach dem chinesischen Mondkalender und fällt immer auf den Neumond zwischen dem 21. Januar und dem 20. Februar des Gregorianischen Kalenders. Das Neujahrsfest heißt Seollal und ist ein offizieller Feiertag in Nord- und Südkorea. Als größter und wichtigster Feiertag werden drei Tage lang an diversen öffentlichen Plätzen Performances, Spiele und Shows dargeboten. Viele Koreaner und Schaulustige reisen an, um dabei zu sein.

 

Dabei kleiden sich sowohl Einheimische als auch Touristen in traditionell koreanischer Kleidung, die es vielerorts zu mieten gibt. Da es Ende Januar zum Teil noch Minusgrade hatte, kombinierten die Feierlustigen die Festtagskleidung auch mit Sneakern oder wärmeren Schuhen, was zum Teil lustige Kombinationen ergab. Die Kleider der Frauen stehen ähnlich wie Reifröcke weit vom Körper ab und erlauben so einen Blick auf das Schuhwerk.

Vergleichbar mit Japan gibt es um das Neujahrsfest herum einige Feiertage, die traditionell mit der Familie verbracht werden. Als Touristen haben wir uns das bunte Treiben in der Stadt angeschaut. Anders als die Japaner wirkten die Koreaner viel offener und kommunikativer. Bei einer Tanz- und Gesangseinlage vor dem Volksmuseum, standen wir in der Menschentraube und konnten zusehen wie alle, die der Sprache mächtig waren, kräftig mitsangen und klatschten. Die Performance, ein Mix aus Trommeln, Gesang, Zirkus, Straßenkunst und Breakdance in traditionellem Gewand war generationsübergreifend unterhaltsam. Touristen wurden eingeladen, sich in einer Mitmach-Aktion zu beteiligen, Kommunikation mit Hand und Fuß inbegriffen.

 

Die offene Art unterscheidet sich sehr von den zurückhaltenden Japanern, man findet viel schneller Anschluss. Ein weiteres großes Plus ist, dass die meisten Museen in den Ferien kostenfrei zu besuchen sind. Es lohnt sich also aus vielerlei Gründen, sich diesen jährlich variierenden Termin im Kalender einzutragen und das besondere Fest irgendwann einmal persönlich zu erleben.

 

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